Das Cluetrain Manifest
3. September 2009 | Von Peter Blomert | Kategorie: AktuellVielleicht ist es nach gut 10 Jahren nicht gerade neu, aber auf jeden Fall ist es aktuell:
Das Buch, das Sequel der gleichnamigen
Website: „The Cluetrain Manifesto“.
Ein Buch über die Entwicklung der Wirtschaft in den Zeiten des Internets – oder, wie die Verfasser es schreiben: Ein Buch über das Ende der Wirtschaft, wie wir sie kennen. Warum schreibe ich in diesem Blog über ein Wirtschaftsbuch?
Weil es tatsächlich ein Buch über Kommunikation und Kommunikationspolitik ist.
Ohne dass das Buch ein einziges Mal das Wort „Blog“ benutzt – denn dieses Wort gab es 1999 noch nicht – beschreibt das Buch mit prophetischer Genauigkeit die Entwicklung des Kommunikationsverhältnisses zwischen Unternehmen und ihren Kunden im Zeitalter des Internets und der New Economy (Wikipedia)
Das Buch entwickelt seine Aussage anhand von 95 Thesen (Luther lässt grüßen), deren berühmteste und grundsätzlichste lautet:
Markets are conversations – Märkte sind Gespräche
A powerful global conversation has begun. Through the Internet, people are discovering and inventing new ways to share relevant knowledge with blinding speed. As a direct result, markets are getting smarter—and getting smarter faster than most companies.
These markets are conversations. Their members communicate in language that is natural, open, honest, direct, funny and often shocking. Whether explaining or complaining, joking or serious, the human voice is unmistakably genuine. It can’t be faked.
Most corporations, on the other hand, only know how to talk in the soothing, humorless monotone of the mission statement, marketing brochure, and your-call-is-important-to-us busy signal. Same old tone, same old lies. No wonder networked markets have no respect for companies unable or unwilling to speak as they do.
But learning to speak in a human voice is not some trick, nor will corporations convince us they are human with lip service about „listening to customers.“ They will only sound human when they empower real human beings to speak on their behalf.
While many such people already work for companies today, most companies ignore their ability to deliver genuine knowledge, opting instead to crank out sterile happytalk that insults the intelligence of markets literally too smart to buy it.
However, employees are getting hyperlinked even as markets are. Companies need to listen carefully to both. Mostly, they need to get out of the way so intranetworked employees can converse directly with internetworked markets.
Corporate firewalls have kept smart employees in and smart markets out. It’s going to cause real pain to tear those walls down. But the result will be a new kind of conversation. And it will be the most exciting conversation business has ever engaged in. (www.cluetrain.com)
Besonders faszinierte mich bei der neuerlichen Lektüre, wie leicht sich das Verhältnis Unternehmen – Kunden übertragen lässt auf das Verhältnis Lehrende – Lernende. Durch die Brille dieser „Gleichsetzung“ gelesen, gelingt es dem Buch, die auf der Tagesordnung stehende Kulturrevolution des Lernens und Lehrens in fesselnder Prägnanz zu fassen.
Die letzte These lautet:
We are waking up and linking to each other. We are watching. But we are not waiting.
So sei es.
Ein Blick in den Rückspiegel sagt uns, dass es keinen wirklichen Wandel in der Unternehmenskultur gegeben hat, seit das Cluetrain Manifest erscheinen ist. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir zwar inzwischen alle unsere Meinungen, Vorlieben und sonstigen Kommentare zu allem und jedem überall und jederzeit abgeben, dass die Produktion von Gütern aber immer noch an unterschiedliche hohe Grade von Expertise geknüpft ist. Expertentum ist aber wie jede Elitenbildung hierarchisch strukturiert. Märkte sind Gespräche, stimmt. Märkte ersetzen aber nicht Angebot und Nachfrage, sondern stellen die Rahmenbedingungen für den Handel her. Darum ist das geballte Wissen der Wikipedia oder der Kritiken über jeden beliebigen Artikel auf Amazon womöglich größer, als das weniger Experten. Es hat aber nur einen mittelbaren Einfluss auf Angebot und Nachfrage. Und Unternehmen beharren auf ihren Strukturen, weil sie über lange Zeit gelernt haben, dass Profitstreben schnellere Synapsen erzeugt, als Gespräche.